Der Coswiger Kanuverein blickt auf eine interessante, mehr als 50-jährige Geschichte des organisierten Kanusports zurück. Diese Zeit, starken Willen, Kraft, Zusammenhalt und Geduld brauchte es, um von den Anfängen des Kanusports zum heutigen top-gepflegten Kanuzentrum mit den verschiedenen Sparten zu gelangen.
Angefangen hat alles 1957, als eine kleine bereits bestehende Paddlergruppe von 12 Sportlern in die Betriebssportgemeinschaft „Rotation“ des Zellstoffwerkes Coswig als Sektion Kanu übernommen wurde. Dank Arthur Hartmann als Organisationsleiter konnte die junge Gemeinschaft das alte Mühlenhäuschen am Nebenarm der Elbe pachten und zu einem kleinen Bootshaus mit Liegeplätze für insgesamt 12 Boote verwandeln. Die ersten Jahre waren hauptsächlich durch gemeinschaftliche Ausflüge auf allen erreichbaren Gewässern bis hin nach Mecklenburg geprägt.
Beginn des ambitionierten Wettkampfsports
Zu Beginn der 60er Jahre wurden Weichen gestellt. Motiviert durch die Weltmeisterschaft im Wildwasserrennen und Kanu-Slalom im Rabenauer Grund (Freital), richteten sich die Coswiger auf Kanu-Slalom aus. Die Wettkampf-Premiere der Coswiger Paddelfreunde fand 1961 zur Bezirksmeisterschaft in Spremberg statt. Als hauseigene Trainingsstrecke wurde ein einfacher Parcours installiert. Zum zweiten Wettkampf im Oktober des gleichen Jahres in Dresden-Loschwitz errungen die Sportler bereits Platzierungen. 1962 hatte die Sportgruppe bereits 32 Mitglieder mit 22 Booten. Die Ära des Wettkampfsports war eingeläutet. Mit viel Ehrgeiz konnten schnell Titel bei Bezirksmeisterschaften errungen werden. Das Befahren von Wildwasserflüssen in Polen und Tschechien brachte neben Erfahrung und Mut auch jede Menge Erlebnisse mit sich. Ab 1965 nahmen die Sportler an den DDR-Meisterschaften im Kanu-Slalom teil. Aus Mangel an Bootsausrüstung wurden ab 1968 eigene Polyesterboote gebaut. Im gleichen Jahr feierte der Club seinen ersten DDR-Meistertitel. Der aufkeimende Erfolg weckte Begehrlichkeiten und sollte fortan eine gezielte Leistungsentwicklung erfahren. Im gleichen Zeitraum wurde durch die tatkräftige Hilfe aller Sportler und Betriebshandwerker des Zellstoffwerks ein modernes Bootshaus mit Clubraum, Garderoben und Duschen sowie einer großen Bootshalle neben dem Mühlenhäuschen gebaut.
Somit war der Startschuss für ganzjähriges Training gefallen. Das schmale Budget erlaubte damals leider nur den Kauf eines Bootes pro Jahr. Aus diesem Grund begannen die Sportler 1968 mit dem Eigenbau von Polyesterbooten. Sportlich gelang der große Durchbruch mit dem ersten DDR-Meistertitel.
Das Trainingszentrum Coswig
Zu Beginn der 70er Jahre wurden aktiv junge Mitglieder gesucht um zwei Trainingsgruppen bedienen zu können. 1971 zählte der Club bereits 51 Mitglieder. Die Sektion erhielt den Status „Trainingszentrum“, was mit zusätzlicher finanzieller Unterstützung des DTSB-Bezirksvorstandes sowie professionellerer Trainingsmethodik einher ging und zum Aufbau eines Kaderzentrums führte.
Es entstanden die Standardtrainingsstrecke inklusive Flutlichtanlage sowie Bootstransportanhänger. Die Bootsausstattung beschränkte sich auf 22 Boote, was einem damaligen Wert von 15.000 (Ost)Mark darstellte. Nach jahrelangen Verhandlungen mit dem Umweltamt, dem Kanuverband und der Stadt Freital gelang es die Bezirksspartakiade / Bezirksmeistersschaften in Hainsberg auf der Roten Weißeritz zu etablieren – genau auf dem Abschnitt, wo 10 Jahre zuvor die Weltmeisterschaften stattfanden.
Als erste Sportlerin wurde Ute Baumgarten an die Kinder- und Jugendsportschule der DHfK Leipzig entsandt. Der Neubau des Wildwasserkanals in Zwickau (in Anlehnung an den Augsburger Wildwasserkanals) fand auch bei den Coswigern großes Interesse und wurde nach Olympia ‘72 sehr oft in Anspruch genommen. Medizinalrat Dr. Härtel wurde mit der medizinischen Betreuung der Coswiger Sportler betraut. Mit der Delegierung weiterer Sportler zum Armeesportklub (ASK) Leipzig gelang es der Coswiger Sektion seine geförderten Sportler große Erfolge einfahren zu lassen. Der Kanusport hat sich in Coswig endgültig zu einem Renner entwickelt, das Interesse bei Kinder und Jugendlichen war ungebrochen. Allerdings, mit der Entscheidung 1978, Kanu-Slalom aus dem Olympischen Programm zu nehmen, kam es zur Auflösung der TZs in der gesamten DDR. Die Pläne für den Bau eines neuen Bootshauskomplexes wurden damit durchkreuzt. Das Engagement der Sportler und die Erfolge blieben dagegen auf hohem Level.
Leistungssport in der Betriebssportgemeinschaft
Fortan mussten die Kadersportler ihr Leistungsprogramm als Betriebssportgemeinschaft (BSG) weiterführen. Peter Thon wurde als Mitglied des nationalen Trainerrates berufen. In dieser Epoche trainierten die Coswiger Sportler mit anderen namhaften Größen des Slalomsports zusammen, die gemeinsam die DDR-Auswahl bei internationalen Wettkämpfen bildeten. In wirtschaftlich angespannten Zeiten erhielt die Sektion Kanu Unterstützung von Kraftverkehr Meißen, dem Zellstoffwerk, der Tapetenfabrik, PLANETA, der Walzengießerei sowie der Elektrowärme Sörnewitz. Ebenfalls in den 80er Jahren entsteht eine Sportpartnerschaft mit dem tschechischen Kanu-Club TJ Kaucuk Kralupy, einer Betriebssportgemeinschaft der ortsansässigen Raffinerie. Die Hausstrecke von TJ Kaucuk – ein Wildwasserkanal in der Nähe von Prag – ermöglichte den Coswigern ein effektives Wildwassertraining, ebenso wie die Trainingsstrecke auf der Zwickauer Mulde. Zum Ende der 80er Jahre wurde Kanu-Slalom wieder ins olympische Programm aufgenommen. Es gab dazu in der Nationalmannschaft bereits intensive Vorbereitungen, später, nach der Wiedervereinigung, auf bundesweiter Ebene.
Mit dem Fall der Mauer kam auch das Aus für die Trägerbetriebe der BSG.
Am 14. Juni 1990 ging aus der Sektion Kanu der Coswiger Kanu-Verein e.V. hervor. Das Zellstoffwerk übergab das Bootshaus mit Inventar und Fahrzeuge an den Verein.
Ebenfalls im Juni 1990 erlitt der frisch gegründete Verein einen Schicksalsschlag, als das Bootshaus ein Opfer von Flammen wurde. 70 Boote, Paddel, Schwimmwesten und anderes Sportmaterial, insbesondere aber das Domizil, wurden dabei zerstört. Nach anfänglicher Ohnmacht besannen sich Trainer und Sportler, die Elterninitiative sowie die Stadtverwaltung auf die sportlichen Erfolge und sahen die Notwendigkeit, den Kanusport in Coswig auf jeden Fall weiterleben zu lassen. Zu den ersten Landesmeisterschaften in Sachsen traten die Sportler selbstbewusst auf und siegten als bester Verein. Der Trainingsbetrieb konnte in den darauffolgenden Jahren nur durch Improvisation und Behelfslösungen aufrecht erhalten werden.
Der Aufstieg im gesamtdeutschen Klassement
Ab 1991 traten die Coswiger Sportler bei gesamtdeutschen Meisterschaften auf, wo im ersten Jahr mittlere Platzierungen mit Ausnahme des 4. Platzes im Zweier-Canadier, später jedoch auch vordere Plätze erreicht werden konnten.
Nach der Einweihung des neuen und modernen Bootshauses 1995 konnte die Aufholjagd im sportlichen Bereich beginnen. Neue Fördermöglichkeiten ermöglichten u.a. den Kauf eines Kleinbusses sowie den Ausbau des Bootshausgeländes zur DKV-Station. Aufgrund der guten Nachwuchsarbeit wird der Verein zum Talentstützpunkt ernannt. Die technischen Trainingsmöglichkeiten erreichten ein vorher nicht gekanntes Niveau.
Im Jahre 2002 und 2013 wurde das neue Bootshaus durch Hochwasserkatastrophen stark beschädigt. Trotz Sanierungsaufgaben und der Installation einer mobilen Hochwasserschutzwand konnte der Eifer und Ehrgeiz des Vereins nicht gebrochen werden.
Den unzähligen Spendern und helfenden Händen kann man nicht genug danken. In den Jahren gelang es das Bootsmaterial kontinuierlich auf hohem Standard zu halten sowie die Sportanlagen zu erweitern und somit eine Grundlage für weitere Erfolge aufstrebender Sportler zu ermöglichen.
Neue Trends für die Freizeitgestaltung bei Kindern und Jugendlichen stellt auch den Coswiger Kanuverein vor Herausforderung hinsichtlich der Nachwuchsarbeit.
Seit der Jahrtausendwende hat sich die Sparte der Kanutouristik mehr und mehr aus dem Schatten des Slalom-Wettkampfsports befreit. Verschiedene Fahrten führen jedes Jahr zu den schönsten Wildwasserstrecken und Flüssen in Deutschland und Europa.
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Der Coswiger Kanuverein blickt auf eine Vielzahl an DDR-Meistertitel zurück.
1968 Jungen B K1 (Poller)
1971 Mädchen 3xK1 (Meier-Baumgarten-Möbius)
1974 Mädchen 3xK1 (Sachers-Ebel-Koch)
1976 Jungen 3xK1 (Krüger-Dietrich-Röder)
1979 männl. Jugend 3xK1 (Große-Hummel-Winkler)
1979 männl. Jugend 3xC1 (Röder-Naggatz-Scholz)
1980 Junioren C2 (Röder/Scholz)
1981 Mädchen AK13 K1 (Sroka)
1981 Jungen AK 14 (Weser)
1981 weibl. Jugend K1 (Hillert)
1981 männl. Jugend C1 (Naggatz)
1982 weibl. Jugend K1 (Hillert)
1982 weibl. Jugend 3xK1 (Hillert-Bude-Eismann)
1982 Mädchen 3xK1 (Sroka-Kelker-Parakenings)
1983 Jungen AK14 K1 (Hallmann)
1983 Juniorinnen K1 (Hillert)
1983 weibl. Jugend 3xK1 (Hillert-Bude-Eismann)
1984 Junioren C2 (Weser-Sperlich)
Im gesamtdeutschen Klassement gelang es aufgrund der vermehrten Konkurenz nur teilweise an die Erfolge vergangener Zeiten anzuknüpfen.
1994 männl. Jgd/Jun 3xC1 (Weise-Heinecke-Hönicke)
1995 männl. Jgd/Jun 3xC1 (Weise-Heinecke-Hönicke)
1997 Junioren C2 (Muschner/Muschner)
2010 weibliche Schüler C K1 Bayn Nele